Persönliche Berührung

Seit dem Sommer möchte ich diesen Newsletter schreiben, und ich merke, dass ich mich davor drücke und ein gewisses Unbehagen verspüre. Vielleicht, weil ich unsicher bin, ob ich das, was mich bewegt, wirklich vermitteln kann.

 

Ich war im Sommer in Berlin, der Stadt, in der ich elf Jahre gelebt und viel erlebt habe. Bei diesem Besuch fiel mir ein Plakat auf:


„Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.“

Am Tag meiner Abreise besuchte ich die Ausstellung. Ich hatte das Gefühl, den Frauen mit meinem Besuch zumindest ein wenig Würdigung für ihren Mut und ihre Taten entgegenbringen zu können, mit denen sie sich gegen die Diktatur des Nationalsozialismus gestellt haben. Auch Männer haben Widerstand geleistet, auch ihnen gebührt Hochachtung.

 

Was hat mein Ausstellungsbesuch mit Gewaltfreier Kommunikation zu tun?

In der GFK geht es unter anderem darum, sich mit dem zu zeigen, was uns berührt,  uns sozusagen verletzlich zu zeigen. Zudem unterstützt mich die GFK dabei, innere Stärke aufzubauen und für mich einzustehen. 

Es wäre vermessen zu sagen, dass diese Stärke uns zu solch heroischen Taten befähigt – das möchte ich nicht behaupten. Aber ich glaube, dass die Gewaltfreie Kommunikation mir vor allem ermöglicht hat, mich mit tiefgehenden Themen auseinanderzusetzen und dem, was sich zeigt, mit Empathie zu begegnen. Wie heilsam Empathie ist, durfte ich bereits mehrfach erfahren.

 

Warum ich jedes Mal tief berührt bin, wenn ich mit dem Nationalsozialismus in Berührung komme, hat persönliche Gründe.

Mein Vater ist mit 16 Jahren gemeinsam mit seinem Bruder am Ende des Krieges aus einem Arbeitslager geflohen. Sie haben beide überlebt. Jugendliche wurden damals in solche Lager geschickt, um sie kurz vor Kriegsende noch das Schießen zu lehren und dann an die Front zu schicken.

 

Mein Vater erzählte mir, dass er mit seinem Bruder geflohen sei, wohl, weil Deserteure als Vaterlandsverräter galten. Auf Desertion stand die Todesstrafe, ohne Gerichtsverfahren. Mit welchen Gefühlen diese Flucht wohl verbunden war, wurde mir erst in den letzten Jahren bewusst. Abhauen klang für mich damals so selbstverständlich. Welche Angst davor, getötet zu werden, und wohl auch Scham wegen des „Verrats“ mein Vater und sein Bruder erlebten, kann ich mir nur schwer vorstellen.

 

Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, und die Zeitzeugen sterben aus.

Durch die Bücher von Sabine Bode (z.B. „Kriegskinder“) weiß ich jedoch, dass auch in meinem System und in dem meiner Tochter noch Kriegserinnerungen, vererbte Gefühle und Unverarbeitetes vorhanden sind. Die Resonanz und Berührtheit durch diese Themen lassen mich spüren, dass es auch für mich noch einiges aufzuarbeiten gibt. An dieser Stelle möchte ich vor allem meinen GFK-Zertifizierungsweg und mein Kunststudium würdigen, in denen ich mich oft in sehr unbequeme Zonen vorgewagt habe. Danke an dieser Stelle für alle Unterstützung, die ich erfahren durfte.

 

Vieles ist verborgen

Mein Vater ist vor vielen Jahren verstorben, und ich würde ihn gerne noch vieles fragen. Auch wenn er mir einiges vom Krieg erzählte, hat er sicherlich vieles zurückgehalten, was im Verborgenen bleibt.

Ich gehe meinen Weg mit der Gewaltfreien Kommunikation weiter und hoffe, dass ich zumindest durch mein Sein zu mehr Frieden auf dieser Welt beitragen kann.

 

Wer mich auf diesem Weg begleiten möchte oder durch mich begleitet werden möchte, hat dazu unten aufgeführte Gelegenheiten.

 

Über eine Resonanz dazu, ob das was mich berührt, bei euch angekommen ist, würde ich mich freuen. :-)

 

 

Die Lego-Giraffe sah ich auf dem Weg zur Ausstellung. Sie steht am Potsdamer Platz in Berlin.

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